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Pflegende Kinder und Jugendliche („Young Carer“) ermitteln und unterstützen

Antrag

Fraktion AfD
Pflegende Kinder und Jugendliche („Young Carer“) ermitteln und unterstützen
Der Landtag wolle beschließen:

  1. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich mit dem Thema der sogenannten „Jungen
    Pflegenden“, d. h. Minderjährigen, die sich um Familienangehörige kümmern bzw. diese
    zu Hause pflegen oder unterstützen, zu befassen. Dem Landtag sind die gewonnenen
    Erkenntnisse mitzuteilen.
  2. Die Landesregierung wird aufgefordert, dabei mindestens die Anzahl und das Alter der
    „Jungen Pflegenden“ in Sachsen-Anhalt, den Umfang der geleisteten Pflege und eine Beschreibung der Situation vor Ort, die Ermittlung der Belastungssituation und der Bedürfnisse von Betroffenen, sowie die speziellen, auf diese Bedürfnisse der abgestimmten Beratungs-, Hilfs- und Unterstützungsangebote, zu berücksichtigen.
    Begründung
    In einer Analyse des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) aus dem Jahr 2016, „Erfahrungen von Jugendlichen mit Pflegebedürftigkeit in der Familie“ von Katharina Lux und Simon
    Eggert wurde festgestellt, dass zu diesem Zeitpunkt ungefähr fünf Prozent aller Kinder und
    Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren (also ca. 230.000) in Deutschland ein Familienmitglied pflegten.

In dem Abschlussbericht der Universität Witten/Herdecke1
an das Bundesministerium für
Gesundheit über die „Situation von Kindern und Jugendlichen als pflegende Angehörige“
wurde bekannt, dass sogar 6,1 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 19
Jahren in die ständige Pflege von Familienmitgliedern eingebunden sind. Diese Kinder und
Jugendlichen versorgen regelmäßig ihre akut bzw. chronisch erkrankten Familienmitglieder,
indem sie ihnen bei der Bewältigung des Alltags helfen, die Pflege übernehmen, sich um den
Haushalt und um die meist jüngeren Geschwister kümmern. Zudem sind sie immer in Bereitschaft, um schnell auf unvorhersehbare Krisen reagieren zu können.
Kaum ein pflegendes Kind oder Jugendlicher redet über die zum Teil vielfältigen Tätigkeiten
zu Hause. Die meisten fürchten sich vor Ausgrenzung und Stigmatisierung. Familien, in denen Kinder intensiv in die Pflege eingebunden sind, scheuen die Öffentlichkeit aus Angst davor, dass die Familie durch das Eingreifen von staatlichen Stellen (z. B. Jugendämtern) auseinandergerissen wird.
Die Prävalenz von 6,1 Prozent liegt über bisherigen Hochrechnungen und macht deutlich,
dass Kinder und Jugendliche mit Pflegeverantwortung ein gesellschaftlich relevantes Thema
sind, dem sich auch die Landesregierung Sachsen-Anhalt annehmen muss. Die Landesregierung beantwortete im Jahr 2020 eine Kleine Anfrage2
(Drs. 7/5844) insofern, als dass ihr Zahlen und Daten zu dieser Situation nicht bekannt seien, es für diesen Bereich aber einen
Handlungsbedarf gäbe.
Auf Basis von Zahlen des Statistischen Landesamtes aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass circa 5.223 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren als pflegende Minderjährige in
Betracht kommen könnten. Diese Kinder und Jugendlichen sind vor allem dann einer großen
Belastung ausgesetzt, wenn die Pflege ihren Alltag dominiert. Es drohen nachteilige Auswirkungen auf die emotionale, soziale, schulische und körperliche Entwicklung. Es ist eine
schwere Last, die diese Kinder tragen müssen, nicht zuletzt aufgrund der Doppelbelastung
zwischen Schule und Hilfe bei der Pflege. Hinzu kommt eine frühe Übernahme von qualitativ
wie quantitativ nicht unbedeutender Verantwortung.
Die Situation von pflegenden Kindern und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt ist weitestgehend
unbekannt. Um den Umfang des möglichen Bedarfes an Beratungs- sowie darauf abgestimmten Hilfsangeboten quantifizieren zu können, ist eine Analyse der tatsächlichen Situation dringend erforderlich. Dazu gehört es zu erfassen, wie viele junge Menschen in SachsenAnhalt betroffen sind und wie sich die jeweilige Belastung konkret darstellt. Darüber hinaus

1
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Pflege/Berichte/Abschlu
ssbericht_KinderundJugendlichepflegAngeh.pdf
2
https://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/files/drs/wp7/drs/d5844aak.pdf

muss eruiert werden, welche Arten von Unterstützung nicht nur sinnvoll wären, sondern die
Betroffenen auch tatsächlich erreichen.
Tobias Rausch
Parlamentarischer Geschäftsführer

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